Sommerliche Herbsttage auf dem landschaftlich schönsten Teil des

Rheins von Bingen bis Rolandseck

15./16. Oktober 2017

Eigentlich haben wir schon auf der Hinfahrt mit dem Reiner-Bus nach Bingen einen sonnigen Morgen erwartet. Doch es kam anders. Der Nebel liegt schwer auf den Höhen des Hunsrücks.

An  der Einstiegsstelle beim Ruderclub Bingen (km 528,5 li.) nahe der Nahemündung, ist das rechte Rheinufer durch eine dichte Nebelwand nicht mehr zu erkennen.

111 Stromkilometer liegen vor uns, die wir in zwei Etappen bewältigen wollen. 49 Kilometer bis Spay, Übernachtung, und am 16.10. 62 Kilometer bis Rolandseck.

Diesmal gibt es nur kleines Gepäck, das in unsere acht Seekajaks verstaut werden muss.   So sind wir auch, wie geplant, gegen 12.00 Uhr startklar. Die Temperaturen liegen noch bei ca. 10 Grad, daher ist das Anziehen der Paddeljacke ratsam. Als wir mit unseren Kajaks - wie im Flussführer empfohlen -  zur Überfahrt auf die rechte Rheinseite ansetzen, zeigt sich in diesem Moment auch der Nebel einsichtig und klettert, zwar in Zeitlupe, langsam an den Weinhängen des Taunus und des Hunsrücks hoch.

Bedingt durch das Bingerloch ist die Fahrroute für die Schifffahrt sehr beengt. An dieser Stelle überquerte der Strom ein Quarzit-Riff, von dem nach einer Sprengung im 17. Jahrhundert noch drei Felsen im Strom geblieben sind. Unserem Vater Rhein ist es eben nicht gelungen, alles was sich ihm in den Weg stellte auf seine Reise von den Alpen bis zur Nordsee wegzuspülen.

Wir halten uns mit unseren Kajaks in der schnellen Strömung vorerst nahe am Ufer, dabei orientieren wir uns an den roten und grünen Fahrwasser-Bojen.

Unter dem Eindruck der phantastischen Landschaft stellt sich nach kurzer Zeit ein angenehmes entspanntes Gefühl beim Gleiten mit dem Kajak auf dem Strom ein.

Wir paddeln zügig  stromabwärts  an Assmannshausen vorbei. An einigen Stellen lichtet sich schon leicht der Nebel und wir können langsam  erahnen,  welche Wundertüte die Mutter Natur für uns bereithält. Eine herbstliche Farbenpracht in allen Schattierungen quillt durch die Nebelwolken. Diese Farbenpracht sollte uns bis Rolandseck begleiten. Es fehlt nur noch die Sonne.

Nach ca. 90 Minuten(17 km)  erreichen wir – vorbei an Bacharach ,  mit einer Stadtbefestigung mit 16 Wehrtürmen und einer Burg -  unseren geplanten Rastplatz, die rechtsrheinisch auf einer Felseninsel  gebaute  alte Kauber Zollstation, die Burg Pfalzgrafenstein (errichtet 1326). Sie dominiert diese „kleine“ Rheininsel.

Foto: Andy Hintemann

 Neben der Burg Pfalzgrafenstein, gehören auch die Marksburg und die Burg Boppard  aufgrund ihres  sicheren Standortes zu den wenigen unzerstörten und kaum veränderten Burgen im Oberen Mittelrhein. Je nach Pegelstand muss der Paddler beim Anlanden mit starker Wellenbildung bedingt durch die vielen  Fracht- und Personenschiffe rechnen.  Auch im Oktober sind wir dort nicht alleine  auf einer einsamen Insel, sondern eine kleine Personenfähre bringt auch noch interessierte Landratten auf diese kleine Scholle um die Burg zu besichtigen.  Wir werden dort aber auch von den Touristen so begutachtet, als würden wir zum Inventar gehören.

Gut gestärkt paddeln wir wieder weiter auf dem Oberen Mittelrheintal. Diese Kulturlandschaft gehört zum Weltkulturerbe (von Bingen bis Koblenz, 67 km, der Inbegriff der Rheinromantik). Was nützt uns das, wenn die Sonne ausbleibt und wir noch immer unsere wärmenden Paddeljacken anlassen müssen.

Noch neun Kilometer sind es auf dem Strom bis zum berüchtigten Loreleyfelsen. Vorher müssen wir aber noch die passende Route durch die Hungersteine finden. Die Schifffahrt nimmt zu, erst recht die Personenschifffahrt.

Die Loreley(Stromkilometer  555, rechtsrheinisch, 132 Meter hoher Schieferfelsen) befindet sich an der engsten  (130 m) und tiefsten Stelle(25 m) des Mittelrheins. Der Flussführer empfiehlt auch hier, dass die Kanuten sich  dicht vorausschauend  am rechten Ufer halten sollten.

Hinter der Loreley öffnet sich das enge Rheintal und die erwartete Sonne bearbeitet uns mit ihren wärmenden Strahlen(24 Grad). Die Paddeljacke wird jetzt zum Schwitzkasten. Rechts und links an dem Flussufer erstrecken sich zwei  Campingplätze, die noch alle gut besucht sind. Sowohl im Tal als auch auf den Höhen kommt nun die herbstliche Farbenpracht richtig zur Geltung.

Während wir mit unseren Kajaks flussabwärts gleiten, entdecken wir rechts und links an den Ufern viele typisch idyllische, durch das Gebirge begrenzte Städtchen mit einem mittelalterlichen Ortskern. Zu fast jedem Ort gesellt sich auch ein Campingplatz. Neben der Rheinschifffahrt müssen wir  auch auf die vielen querenden Rheinfähren in diesen Flussabschnitt Rücksicht nehmen.

 Nach weiteren 20 Flusskilometer, vorbei auch an den vielen Burgen erreichen wir unser erstes Etappenziel, den Ort Spay. Wir finden am linken Ufer eine sichere Ausstiegsstelle. Schnell sind die Kajaks auf die Bootswagen  gewuchtet und die Karawane zieht  durch die die Gassen zu unserer Unterkunft, das Hotel Alte Post.

Die Boote finden Platz im Carport, die ausgehungerten Paddler im Hotel und freuen sich schon auf ein  durstlöschendes Pils sowie auf eine stärkende Mahlzeit und eine ruhige erholsame Nacht.

Um 10.00 Uhr am Montagmorgen liegt die Flotte wieder startbereit am Ufer des Rheins. Noch 62 ereignisreiche Flusskilometer liegen vor uns. Unser gestriger Begleiter, der Nebel schleicht  nicht mehr durchs Stromtal, sondern er hat sich schon in die Berghänge verzogen. Die rechtsrheinisch auf einem Felskegel 90 Meter über Braubach gelegene Marksburg verschwindet in den Nebelschwaden. Keine Sonne, es ist noch kühl, also Paddeljacke anziehen.

Nach sechs Kilometern, kurz vor der Lahnmündung, setzte sich die Sonne durch, die uns bis zum Ziel mit ihren warmen Strahlen begleitet.

Nach ca. drei Kilometern baut sich vor uns die Koblenzer Rheinbrücke auf, die letzte überspann den Rhein in Mainz,  84 Kilometer flussaufwärts. In Koblenz endet auch das „Weltkulturerbe“, aber nicht die phantastische Kulturlandschaft.

Ab dem Deutschen Eck mit der Moselmündung (linksrheinisch) wird der Strom deutlich breiter. Es öffnet sich das Koblenz-Neuwieder Becken des Mittelrheins.

Gegenüber der Moselmündung thront auf der rechten Stromseite auf einem Felssporn die Festung Ehrenbreitstein. Die Besucher gelangen über den Rhein  u.a. mit einem bequemen Sessellift zu dieser historischen Anlage.

Bis Rolandseck münden links die Nette und die Ahr, während von rechts die Nebenflüsse Saynbach und Wied sich hinzugesellen.

Richtung Neuwied bis Rolandseck paddelnd passieren wir immer wieder einige naturbelassene Rheininseln.

Bald erkennen wir linksrheinisch den Kühlturm, 162 Meter hoch(Kölner Dom 157 m), der zur  Bauruine des Atomkraftwerkes Mühlheim-Kärlich gehört, das vom 1.3.86 bis zum 9.9.88 in Betrieb war. Wegen fehlerhaften Baugenehmigungsverfahren wurde es vom Netz genommen, da es im erdbebengefährdeten Becken gebaut wurde. Der Flussführer erwähnt das ehemalige AKW nicht.

Das Rheinische Schiefergebirge mit Eifel und Westerwald rückt wieder näher an den Rhein.

Linksrheinisch folgt Andernach, Stadt aus der Römerzeit (Stromkilometer 613). Der Ort hat noch eine guterhaltene Stadtbefestigung sowie einen  historischen Rheinkran aus dem Jahr 1554.

Im Hinterland beginnt die Vulkan-Eifel. Einige Kilometer flussabwärts gibt es eine zusätzliche touristische Attraktion. Einige hundert Meter vom linken Flussufer entfernt speit ein Kaltwassergeysir seine Wassersäule mehrmals am Tag 50 – 60 Meter hoch.

Wir paddeln an vielen herausgeputzten malerischen Rheingemeinden, mit viel Grün an den Ufern,  vorbei. Nach 20 Kilometern  haben wir fast unser Ziel erreicht. Aber wir müssen noch an den Resten der Brücke Remagen vorbei, die zum Ende des zweiten Weltkriegs viele Dramen erlebte.

Wir  nehmen natürlich auch noch die hohen Wellen am berüchtigten Unkelstein mit.

Kurz darauf haben wir unser Ziel in Rolandseck (Stromkilometer 640,2) an der Fähre Rolandseck/Honnef linksufrig erreicht. Ca. sieben Stunden mit Pausen haben für die 62 km gebraucht. An der Ausstiegsstelle gibt es einen Bahnhof, das Arp-Museum, die Insel Nonnenwerth und den nötigen Parkplatz.

888 Flusskilometer sind problemlos auf dem Rhein von der achtköpfigen Fahrtengruppe im herbstlichen Oktober bei fast sommerlichen Temperaturen paddelnd zurückgelegt worden.

Fahrtengruppe: Huub Bierens (Holland), Werner Schaab (Ludwigshafen), Uwe Erdwien (Überlingen), fünf  MKCler (Reiner Mittmann, Günther Schmidt, Andy Hintemann, Wilfried Babik, Manfred Klug)

Manfred Klug

Fotos: Andy Hintemann